Donnerstagsmordclub Duester

„Der Donnerstagsmordclub“ von Richard Osman – Rezension

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Als Buchhändlerin ist Lesen „leider“ nicht nur Vergnügen, sondern gehört auch zur Arbeit. Deshalb nehme ich mir auch regelmäßig Bücher zur Brust, die ich normalerweise nicht lesen würde bzw. die nicht meinen üblichen Genres entsprechen. So dieses Mal „Der Donnerstagsmordclub“ von Richard Osman. Tatsächlich habe ich dieses Buch ausgewählt, weil es mir viele unserer Stammkunden wirklich ans Herz gelegt haben. Zudem klang der Klappentext doch wieder nach Abwechslung und so habe ich es mir direkt vorgenommen.

Geschichte

Wir beginnen mit Joyce, fast 80 Jahre alt und relativ neu in der Seniorenresidenz Coopers Chase. Da sie ehemals Krankenschwester war, kommt nach einiger Zeit die allseits bekannte Elizabeth mit einer Frage zu einem ungelösten Mordfall auf sie zu. Und schneller als Joyce schauen kann, ist sie Teil des Donnerstagsmordclubs. Donnerstag deshalb, weil dann das große Puzzlezimmer frei ist, in dem sie genügend Platz und Ruhe haben. Das überaus interessante und spannende Team arbeitet gerne an ungelösten Kriminalfällen, doch als direkt vor ihrer Haustür ein Mord passiert, ist das für sie fast wie ein Geschenk. Sie stürzen sich darauf, und sind zum Leidwesen der örtlichen Polizei oftmals schneller als sie, denn an Intelligenz und Gewitztheit mangelt es der Gruppe definitiv nicht.

Zum Inhalt

Der Roman war für mich eine wirkliche Überraschung. Nie hätte ich gedacht, dass mich die Geschichte des Donnerstagsmordclubs so dermaßen fesseln könnte!


Ich ging mit wenig Erwartung an den Krimi, doch selbst der Einstieg ist schon besonders. Es beginnt mit Joyce und ihrem ersten direkten Kontakt zu Elizabeth.


„Ich saß beim Mittagessen, ein, zwei Monate ist das jetzt her, und es muss Montag gewesen sein, weil es Sheperd´s Pie gab. Sie wolle mich nicht bei meiner Mahlzeit stören, sagte Elizabeth, aber sie habe eine Frage an mich, zum Thema Stichwunden, wenn ich nichts dagegen hätte.“
(Zitat S. 11, Kapitel 1)


Fängt doch gleich einmal interessant an, oder? Überrascht, dass ich gleich im ersten Kapitel neugierig war, habe ich gleich weiter gelesen. Es gibt zwar immer wieder Phasen, in denen man mehr Hintergründe und etwas über den Alltag der Protagonisten erfährt, die zwar nicht die Spannung einer Kriminalhandlung bieten, dafür aber mit Tiefgang, Witz und Humor den Roman ausschmücken. Die Krimi-Seite hat mich ebenfalls überrascht, denn es kommt wesentlich mehr als nur eine Leiche auf unsere Ermittler zu. Und diese Komplexität – wirklich super durchdacht!

Charaktere

Ich würde einmal behaupten, dass die Charaktere den größten Anteil an meiner Begeisterung haben. So individuell und genial geschrieben, dass es einfach nur eine wahre Freude war die Geschichte der Vier zu begleiten. Hier einen kurzen Abriss unserer Protagonisten:

Der Donnerstagsmordclub

Joyce ist etwas im Vordergrund, da zwischendurch immer wieder Kapitel aus Joyce Sicht erzählt oder sogar als Tagebucheinträge eingeschoben werden. Sie war früher Krankenschwester und kennt sich demnach medizinisch gut aus. In charakterlicher Hinsicht ist sie der ruhige Part in der Gruppe, der Heimeligkeit und auch Gemütlichkeit hineinbringt (meist durch tolles Gebäck). Allerdings ist sie auch sehr ehrlich mit sich selbst, beispielsweise dass auch sie keineswegs perfekt ist und in ihrer Vergangenheit Fehler gemacht hat.

Elizabeth ist unsere taffe Vorantreiberin in den ganzen Fällen. Sie ist ehemalige britische Geheimagentin und kann ihre frühere Neugier nicht ablegen. Sie hat nach wie vor viele Verbindungen, die ihr bei Nachforschungen durchaus helfen – und die unsere Gruppe oft schneller voranbringt als die Polizei. Sie ist selbstbewusst, intelligent und forsch (man siehe ihren Umgang mit der Polizei – absolut grandios), aber sie offenbart zwischendurch auch ihre weichen Seiten, beispielsweise im Umgang mit ihrer im Koma liegenden besten Freundin oder ihrem kranken Mann Stephen.

Ron, der nie leise reden kann, meist auf Krawall und Konfrontation aus ist, war früher Gewerkschaftsführer. Genau wie früher ist er der Teil der Gruppe, der keine Diskussion scheut und praktisch an die Sache herangeht. Er ist kein Mann, mit dem man sich gerne anlegen möchte. Allerdings führt er nicht nur oft Elizabeths Ideen und Aufträge aus, nein, er kann sich auch sehr gut verstellen und ist sich für kein Schauspiel zu schade, sofern es ihren Nachforschungen nutzt.

Und um unser tolles Quartett zu vervollständigen, fehlt nur noch Ibrahim. Ibrahim ist ein gehobener älterer Herr, der vermutlich einen Intellekt weit über dem Durchschnitt besitzt. Er ist ruhig, sehr belesen und hat ein wahnsinniges menschliches Verständnis – was vermutlich daran liegt, dass Ibrahim früher Psychiater und Psychologe war und es teilweise immer noch ist.

Die Polizei

Natürlich dürfen auch die zwei polizeilichen Protagonisten nicht fehlen, denn auch die beiden sind wirklich tolle Charaktere, ohne die die Handlung vermutlich nicht ganz so herausragend gewesen wäre.

Zum einen haben wir die junge Donna De Freitas, die eher unfreiwillig in diese Gegend versetzt wurde. Sie möchte liebend gerne Teil der Mordkommission sein – endlich Mörder fangen und Gerechtigkeit bringen. Allerdings ist sie hier die „Neue“ und jung noch dazu, also darf sie Papierkram machen und in Seniorenheimen Vorträge zum Thema Sicherheit halten. Dort trifft sie auch das erste Mal auf unseren Donnerstagsmordclub, dem die junge Donna sehr gelegen kommt.

Zum anderen haben wir bei der Polizei noch den etwas älteren Chris Hudson, Chef der dortigen Polizei und Mordkommission. Eigentlich hat er sein Team für den Mordfall bereits, doch der Donnerstagsmordclub schafft es, dass sie größtenteils nur noch mit Donna und ihm kommunizieren. Er entpuppt sich mit der Zeit aber auch als tiefgründiger Charakter, da wir im Laufe der Geschichte auch einiges über ihn erfahren.

Zum Schreibstil

Ehrlich gesagt wäre das der einzige Punkt, der etwas „kritisch“ wäre – aber keineswegs negativ. Ich hatte nur nicht mit dieser Art von Schreibstil gerechnet, denn der hat es mir am Anfang etwas schwerer gemacht, direkt in die Geschichte hineinzufinden. Da einige Kapitel, allen voran der Anfang, aus Joyce Sicht geschrieben sind, haben wir im Laufe des Romans wechselnde Erzählformen.

Bei Joyce wurde hier nicht nur eine klassische personelle Erzählform gewählt (Ich-Erzählung), sondern es geht oft schon in die Richtung eines Gedankenstroms. Viele Sätze sind lediglich Gedanken von Joyce, vor allem bei ihren Tagebucheinträgen. Dies macht das Einfühlen zwar um einiges intensiver, erschwert manchmal aber den Fokus auf die tatsächlichen Geschehnisse. Da die Tagebucheinträge allerdings nie sonderlich lang sind, ist das für mich kein Kritikpunkt.

Abwechselnd zu Joyce Kapitel gibt es einen allwissenden Erzähler, der zwischen den Orten, Personen und Geschehnissen springt. Damit wird einem definitiv nicht langweilig, denn es gibt so viel zu erzählen und zu verfolgen!

Hörbuch

Natürlich habe ich auch wieder hier zum Hörbuch gegriffen. Hörbücher bereiten mir vor allem bei Titel, die eher nicht in mein Beuteschema fallen, oft mehr Freude.

Das Buch wird von zwei Sprechern vorgelesen. Johannes Steck und Beate Himmelstoß geben dem abwechslungsreichen Krimi die perfekte Note mit. Während Johannes Steck die allgemeinen Kapitel erzählt, übernimmt Beate Himmelstoß die Rolle von Joyce. Beide lesen wirklich angenehm vor und mir hat es tatsächlich nicht nur gut gefallen, dass es nicht nur einen Sprecher gab, sondern es war wirklich hilfreich, denn durch den Wechsel der Stimmen wusste ich direkt, dass nun auch die Sicht und die Erzählweise wechselt.

Auch hier kann ich also wieder das Hörbuch für alle Nicht-Leser/innen und Hörbuch-Fans absolut empfehlen!

Fazit

Bisher die größte Überraschung des Jahres für mich! Ich hätte nie gedacht, dass mich der Titel so beeindrucken könnte und das, obwohl diese Art von Kriminalroman eigentlich so gar nicht mein Fall ist. Die Mischung aus den wundervollen Charakteren, der Handlung und dem Zusammenspiel von allem hat es mir wirklich angetan und lässt es mich nur empfehlen.

Der Titel ist für mich nicht nur etwas für klassische Krimifans, sondern auch für Leser, die gerne britischen Flair oder auch einfach gute humorvolle Unterhaltung mit etwas Spannung genießen wollen. Die Geschichte ist in sich abgeschlossen, aber ich freue mich riesig, dass bereits für nächstes Jahr der zweite Teil unserer genialen Truppe angekündigt ist!

☁ ☁ ☁ ☁ ☁ / 5 Wolken

  • Titel: Der Donnerstagsmordclub
  • Original: The Thursday Murder Club
  • Autor: Richard Osman
  • Übersetzerin: Sabine Roth
  • Verlag: List (Ullstein Buchverlage)
  • Einband: Klappenbroschur
  • Seiten: 464
  • ISBN: 978-3-4713-6014-9

Man möchte meinen, so eine luxuriöse Seniorenresidenz in der idyllischen Grafschaft Kent sei ein friedlicher Ort. Das dachte auch die fast achtzigjährige Joyce, als sie in Coopers Chase einzog. Bis sie Elizabeth, Ron und Ibrahim kennenlernt oder, anders gesagt, eine ehemalige Geheimagentin, einen ehemaligen Gewerkschaftsführer und einen ehemaligen Psychiater. Sie wird Teil ihres Clubs, der sich immer donnerstags im Puzzlezimmer trifft, um ungelöste Kriminalfälle aufzuklären. Als dann direkt vor ihrer Haustür ein Mord verübt wird, ist der Ermittlungseifer der vier Senioren natürlich geweckt, und selbst der Chefinspektor der lokalen Polizeidienststelle kann nur über ihren Scharfsinn staunen.

(Quelle: www.ullstein-buchverlage.de)

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