„Die schwarze Königin“ von Christina Henry (#2 Die Chroniken von Alice)
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Wenn du diese Tür öffnest, führt dich der Weg zur Königin … oder zum nächsten Abenteuer.*
„Die Chroniken von Alice – Die schwarze Königin“ von Christina Henry ist eine fesselnde Fortsetzung des ersten Bandes „Die Chroniken von Alice – Finsternis im Wunderland“. Der zweite Band hat einen erkennbar anderen Aufbau, bietet aber eine deutliche Charakterentwicklung. Die Geschichte folgt wie auch im ersten Band der jungen Frau Alice, die auch außerhalb der Alten Stadt in einer gefährlichen und magischen Welt landet.
Geschichte & Welt
Der zweite Band steigt mit einem Aufeinandertreffen Grinsers mit einem jungen Mädchen ein. Grinser beginnt dem Mädchen die Geschichte von Alice zu erzählen, die im Grunde genommen Alice´s Erlebnisse aus dem ersten Band wiedergibt.
Die Welt außerhalb der Stadt ist definitiv einzigartig und besonders kreativ. Christina Henry gelingt es auch hier wieder, Elemente der ursprünglichen „Alice im Wunderland“-Geschichte mit ihren eigenen Ideen abzuändern, um so eine neue Umgebung zu schaffen. Ursprünglich erhofften sich Alice und Hatcher in dem neuen Land eine ruhigere Zukunft und wollten auch Hatchers verlorene Tochter suchen. In dem fremden Land muss Alice sich aber vielen Gefahren stellen, allen voran einer mächtigen und bösen Königin. Zudem ist die Welt entgegen ihrer Erwartungen ebenfalls von Zerstörung und Chaos geprägt.
Im Verlauf der Geschichte gibt es spannende Wendungen und einige Überraschungen, die die Handlung schnell vorantreiben und den Leser in Atem halten. Die vielen unterschiedlichen Charaktere und ihr Verhalten sowie deren Unterhaltungen tragen ebenso dazu bei, dass das Buch fesselnd bleibt.
Charakterentwicklung & neue Charaktere
Alice ist weiterhin die Hauptprotagonistin des Buches. Im Verlauf der Geschichte entwickelt sie sich von der unsicheren und doch noch leicht naiven Frau zu einer starken und mutigen Zauberin, die bereit ist, alles zu riskieren, um ihre Liebsten und ihre Zukunft zu beschützen. Auch hier ist wieder ein besonderer Punkt, dass Alice nicht durchgehend die unfassbar starke Heldin ist, sondern selbst immer wieder starke Zweifel hat, mit sich selbst und ihrem Schicksal kämpft, und auch ihre schwachen Momente hat.
Auch Hatcher ist erneut dabei und weiterhin ein wichtiger Charakter, doch durch eine Trennung der beiden zu Beginn verlieren wir Hatcher für einige Zeit aus den Augen. Wie auch im ersten Band ist und bleibt Hatcher ein exzentrischer und verrückter Axtmörder, der seinen Blutdurst immer weniger kontrollieren kann und fast schon der Animalität verfällt. Auch er durchläuft einiges an Entwicklung und wird mit seiner Vergangenheit, seinen Wünschen und Vorstellungen konfrontiert.
Die Königin ist eine sehr mächtige und abgrundtief böse Herrscherin, die das Land quält und unterdrückt. Sie verfolgt Alice bis aufs Blut, ist absolut gefährlich und manipulativ. Es ist so gut wie unmöglich ihr zu entkommen oder sich ihr entgegenzustellen.
Grinser ist diesesmal zwar nicht als anwesender Charakter mit von der Partie, aber der schlaue und listige Zauberer findet seinen Weg, um Alices Abenteuer von der Ferne mitzuverfolgen.
In dem Land der bösen Königin begegnen wir nicht nur unterdrückten Völkern, sondern auch andere Bewohner, die interessant und vielschichtig sind, von bösen Schachfiguren der Königin bis hin zu helfenden Wunderwesen.
Aufbau und Schreibstil
Der Buchaufbau ist linear, was bedeutet, dass die Geschichte in chronologisch stattfindender Reihenfolge erzählt wird. Es finden auch kaum bis gar keine Rückblicke in die Vergangenheit statt. Grundlegend ist der Aufbau gut durchdacht und ermöglicht es so, den Leser/die Leserin der Geschichte problemlos folgen zu können. Allerdings gibt es hier im Gegensatz zu Band eins keine Kapitel mehr, sondern nur noch „Teile“. Mir hat es das Beiseitelegen und Pausieren des Buches wahnsinnig erschwert, da die Teile sehr lang waren, was ich persönlich eher unvorteilhaft finde.
Eine Besonderheit, die dieses Buch hat, ist sein Einstieg. Der Einstieg erfolgt nämlich parallel zu Alice und Hatcher, aber wir sehen stattdessen Grinser, der einem unbekannten Mädchen die Erlebnisse von Alice aus dem ersten Band als eine Art Legende erzählt.
Für mich gab es in der Fortsetzung einen erzählerischen Minuspunkt, und dieser betrifft vor allem das Ende. Die Offenbarung am Ende, das Aufeinandertreffen von Alice und der Königin und die Auflösung insgesamt waren für mich viel zu schnell abgehandelt. Hier hätte ich liebend gerne einige Seiten mehr erhalten, die sich der Handlung an sich weiterhin annehmen, aber auch wesentlich tiefer auf die Folgen und Gedanken unserer Charaktere eingehen.
Optik und Titel
Was mich bei diesem Buch tatsächlich etwas stört, ist das typische Thema: Was ist bei der Übersetzung mit dem Titel passiert?
Der originale Titel des Buches lautet „Red Queen“, also „Rote Königin“. Was wir letztendlich bekommen haben, ist plötzlich der Untertitel „Die schwarze Königin“. Rot wird zu schwarz, vor allem ist die Königin auf dem Cover auch noch rot, also was soll das?
Nach längerer Überlegung sind mir eigentlich nur zwei Ideen dafür gekommen. Die erste Möglichkeit wäre ein Problem mit dem Titelschutz, da es im deutschen ja bereits einen Titel namens „Die Rote Königin“ gibt, allerdings wäre das hier „nur“ ein Untertitel, also weiß ich nicht genau, ob das wirklich ein expliziter Grund war. Die andere Idee… naja, das typische deutsche Verlagsverhalten: Man will einfach etwas anderes.
Zu Beginn der Geschichte ergibt der Titel für die LeserInnen keinen Sinn, denn die böse Königin ist auch bekannt als die Rote Königin – wie man sie auch aus dem Original kennt -, allerdings ergibt der Untertitel „Die schwarze Königin“ mit Verlauf der Geschichte schon seinen Sinn, gewinnt somit einiges an Legitimität, aber schade finde ich persönlich diesen Titelunterschied trotzdem.
Der zweite Band passt äußerlich perfekt zum ersten Teil, im Gegensatz zu dessen schwarzem Spotlack ist hier die Figur der Königin mit rotem Spotlack bedruckt, während im Hintergrund die Details in schwarz gehalten sind. Auch hier gibt die Lack-Optik wieder einen edlen Touch. Der Buchschnitt ist auch wieder schön bedruckt, dieses Mal mit Pfotenabdrücken, die auch in den Endpapern fortgeführt werden. Wie im ersten Teil auch, gibt es hier wieder einen neugierig machenden Spruch, der in zwei Teile getrennt wurde.
Mein Fazit
☁️ ☁️ ☁️ ☁️
von fünf Buchwolken
Alles in allem ist auch der zweite Band ein fantastisches Leseerlebnis, welches Fans des ersten Bandes, die nicht mit dem offenen Ende von dem ersten Teil leben oder auch wissen wollen, wie es mit Alice und Hatcher weitergeht, begeistern kann.
Durch die erzählerische Wiederholung von Alice´s ersten Abenteuern zum Buchanfang können auch Neueinsteiger ihr Leseerlebnis erhalten.