Mach dich locker

„Mach dich locker“ von Ellen Berg – Rezension

Unbezahlte Werbung
Rezensionsexemplar

Ich bin seit langer Zeit großer Ellen Berg Fan und habe so gut wie alle Bücher gelesen. Mir hat vom ersten Buch weg immer imponiert, wie Ellen es schafft, schwierige Themen oder Themen, die uns alle irgendwo beschäftigen, in humorvolle und leicht zu lesende Alltagsromane zu verpacken.

Ich war freudig aufgeregt, als ich auf Lovelybooks eine Leserunde entdeckte, die sogar von der Autorin selbst begleitet wird. Als ich dann auch noch den neuen Roman „Mach dich locker – (K)ein Frauen-Roman“ als Rezensionsexemplar für die Leserunde zugesendet bekam, war ich richtig glücklich. Denn nicht nur war es der neue Roman von Ellen Berg, sondern auch noch mit einem Thema, das mich selbst seit Jahren begleitet: Perfektionismus. Dieses Buch MUSSTE ich lesen.

Gesagt, getan. Lasst uns loslegen.

Marie ist kurz vor dem perfekten Leben: zwei fast perfekte Kinder mit fast perfektem Ehemann und auch auf der Arbeit läuft alles bergauf. Kurz durchatmen? NIEMALS.

Perfektion ist harte Arbeit und zwar nicht nur für Marie selbst, was sie bald merkt. Denn die hohen Ansprüche kann und will keiner erfüllen, erst recht nicht ihre geliebte Familie. Mann und Kinder rebellieren und sind genervt von Marie, sie solle endlich „lockerer“ werden. Pah. Von Lockerheit kommt kein gutes Leben – denkt zumindest Marie.

Als dann noch die entspannte Babette mit ihren Kindern, im Leben angekommen und das Leben genießend, neu in der Stadt ankommt, gerät Maries Lebensplanung vollkommen ins Wanken. Denn Alexander, ihr geliebter Ehemann, zeigt sich überraschend angetan von der neuen Frau und zunehmend genervt von Maries Kontrollwahn. Die Kinder eskalieren immer mehr und Marie kommt immer mehr ins Zweifeln, ob Perfektion wirklich das ist, was sie vom Leben will.

Perfektionismus im Leben – Glück oder Fluch?

Der Drang nach dem perfekten Leben lebt in jedem von uns, nur in unterschiedlichem Ausmaße. Wer hat sie nicht, diese gewissen Vorstellung von einem perfekten Leben?

Nur manchmal müssen wir uns unterschiedlichen Fragen stellen: Ist es wirklich dieses Perfektion, die wir uns für das Leben wünschen? Was macht es mit unserer Umgebung, wenn wir beharrlich der Perfektion hinterherjagen, die wir damit auch anderen auferlegen? Macht uns die Perfektion wirklich glücklich?

Für Marie kommt dieser Zeitpunkt auch bald, darüber nachzudenken, was ihr Kontrollwahn mit anderen und mit sich selbst macht, und ob sie wirklich so ihr Leben lang weitermachen möchte. Sie muss sich intensiv mit sich selbst auseinandersetzen, doch das ist keineswegs so leicht.

Marie begegnet den unterschiedlichsten Personen, die etwas in ihrem Denken anstoßen und sie in ihrer Veränderung begleiten. Ein Arzt, der ihr von jahrelanger Erfahrung erzählt, ein Barbesitzer, dessen Leidenschaft für Lebensmittel sie mitreißt, aber auch ihre Familie, ihre Arbeit und schließlich sie selbst.

Perfektionismus – Themaverarbeitung getroffen?

Marie war sogar noch perfektionistischer als ich erwartet hatte – aber absolut nachvollziehbar. Ich war teilweise schon erschrocken, wie sehr ich mich in vielen Dingen in Marie wieder erkannt habe. Zwar nicht in der Helikopter-Mama (Gott sei Dank), aber in der Organisation, dem Stresspegel und dem Gefühl, dass man alles geplant haben muss, weil sonst alles in Chaos zusammenbricht.

In kurzen Phasen habe ich mich fast geschämt, weil einem von außen erst bewusst wird, wie „albern“ (in Anführungszeichen, da es keineswegs abwertend gemeint ist) oder extrem manche Gefühle dabei sind, obwohl sie für einen selbst absolut Sinn ergeben und in ihrer Intensivität gerechtfertigt sind. Ich kann Maries Zwiespalt absolut nachvollziehen und auch ihre Abneigung gegenüber Babette, die ihre sorgsame Planung und ihre Art so völlig sprengt.

Ich finde es aber toll, dass Marie grundsätzlich in ihrer Arbeit aufgeht, so hat sie immerhin etwas, das ihr wirklich liegt und das ihr Freude bereitet. Allerdings ist mir ihr Ernährungswahn, den sie auf andere Menschen legt, schon seeeehr unangenehm. Liegt aber wahrscheinlich daran, dass ich selbst einfach viel zu gerne esse und vor allem in Stresssituationen durchaus mal zum Essen neige, als streng Ernährungsvorgaben einzuhalten. Hochinteressant fand ich tatsächlich auch, wie die Ernährung wohl scheinbar in Gesichtern abzulesen ist – das Thema würde mich persönlich auch interessieren, aber ich glaube, dann würde ich wohl Spaß am Essen verlieren;)

Sehr gut gefallen hat mir auch, dass in Maries Hexenschuss und ihren „Totalausfall“ auch das Thema Psychosomatik einen gewissen Standpunkt bekommen hat. Maries Körper zeigt ihr ihre Grenzen auf, zeigt ihr, dass sie so nicht weitermachen kann und ihr Leben dringend ändern muss. Es ist wichtig zu wissen, dass körperliche Beschwerden definitiv nicht immer körperliche Schäden sind, sondern ein unglaublich wichtiges Warnsignal unseres Körpers und unserer Psyche. Umso länger man sich weigert auf diese Warnsignale zu hören, umso schlimmer werden sie.

Also: Hört auf euren Körper und achtet auf das, was er euch sagen will.

Charaktere

Marie Hasemann, in ihren Dreißigern, jagt nicht nur der Familienperfektion hinterher, sondern möchte auch in der Arbeitswelt weiterkommen. Als Food Designerin bei einem Ernährungs-Startup möchte sie durchstarten und legt viel Passion in ihre Arbeit. Sie ist eine normale Frau, die seit ihrer Kindheit dem Wunsch nach dem perfekten Leben verfallen ist. Gewiss ist sie in manchen Bereichen etwas extrem mit ihrem Kontrollwahn – der Spitzname ihres Ehemanns ist Marie Kontrollsky -, aber in vielen Gedanken und Sorgen stellt sie keine Rarität dar. Hier stellt sich nur irgendwann die Frage: Was bedeutet Perfektion für sie und worin findet sie sie?

Alexander Hasemann ist Maries langjähriger Ehemann und ist so ziemlich das Gegenteil von Marie. Während sie in allen Lebensbereichen nach Perfektion strebt, möchte Alexander das Leben genießen. Er liebt seine Frau, was er ihr auch sagt, doch die Ängste und Sorgen von Marie winkt er oft ab und zieht sie ins Lächerliche. Er ist zunehmend genervt von Maries Kontrollwahn – nachvollziehbarerweise – und fühlt sich von Babettes lockerer Art angezogen. Als Marie einige Zeit ausfällt, merkt er aber, was Marie alles für sie macht.

Maries Kinder Robin und Lilli sind ihre Lieblinge. Lilli geht noch in die Grundschule und ist ihr kleiner Engel, umso schockierter ist Marie, als Lilli Interesse an spannenden Gruselgeschichten und an „coolen“ Klamotten, wie zerrissenen Jeans, zeigt. Robin ist zwar in der Pubertät, aber sie hat alles im Auge – meint Marie. Als Robin sich zu schminken beginnt und gegen Marie rebelliert, ist sie überfordert und schiebt es zuerst auf schlechten Umgang von Freunden.

Babette ist neu im Ort und Marie von der ersten Begegnung an ein Dorn im Auge. Babette vereint alles, was Marie verabscheut: Lockerheit und Unstetigkeit. Sie genießt das Leben mit ihren Kindern, arbeitet mal hier mal dort und wirkt trotzdem absolut angekommen im Leben. Zusätzlich zu ihrer für Marie provozierenden Art, macht es Marie fertig, dass ausgerechnet Babette ihren Ehemann faszieniert.

Scarlett ist eigentlich Maries Assistentin und die einzig andere Frau im Unternehmen. Mit der Zeit fällt Marie aber auf, wie sehr sie Scarlett schätzt und sie noch nie eine richtige Freundin hat – die sie vielleicht in Scarlett finden könnte.

Holger Christiansen ist Maries Chef und hält viel von Maries Essens-Kreationen. Er scheint grundsätzlich Interesse an Marie als Frau zu zeigen, legt ihr aber auch nahe, sich Zeit für sich selbst zu nehmen und das Leben mehr zu genießen.

  • Titel: Mach dich locker – (K)ein Frauen-Roman
  • Autorin: Ellen Berg
  • Verlag: Aufbau Taschenbuch
  • Erscheinungsdatum: 15.11.2021
  • Format: Klappenbroschur
  • Seiten: 416
  • ISBN: 978-3-7466-3690-0

Planst du noch, oder lebst du schon?  

(Noch) nicht perfekt, aber verdammt nah dran: Kontrollfreak Marie hat ihr Leben exakt durchgeplant. Einfach locker laufen lassen? Bloß nicht. Dafür sind ihre Ansprüche an Job, Ehe und Familienalltag viel zu hoch. Dumm nur, dass ihre Familie zunehmend rebellisch reagiert. Vor allem ihr Mann Alexander ist genervt von der ewigen Kritik – und zeigt sich umso interessierter an der provozierend lockeren Babette. Langsam muss sich Marie fragen, ob Perfektionismus wirklich glücklich macht. Doch wie rettet man eine Ehe nach fünfzehn Jahren Beziehungsroutine? Und – will Marie das überhaupt?  

Ein wunderbar beobachteter Roman von Bestsellerautorin Ellen Berg über das Glück jenseits des Planbaren.

(Quelle: www.aufbau-verlage.de)

2 Comments

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner