
Wenn Rotkäppchen auf Prinzessin Mononoke trifft – „Fangs of Iron“ von Milena E. Rauch
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Rezensionsexemplar



Vierzehn Jahre zuvor
~Erster Satz~
„Schnee wehte Marella ins Gesicht, biss in ihre Haut und stach ihr in die Augen.“
Allgemeines

Bibliografische Informationen
Titel: „Fangs of Iron – Die rote Wölfin“
Autorin: Milena E. Rauch
Reihe: Einzelband
Format: Taschenbuch
Umfang: ca. 510 Seiten
ISBN Print: 979-8344752792
Genre: Romantasy, Dark Fantasy
Altersempfehlung der Autorin: ab 14 Jahren
Klappentext
Eine Kriegerin mit dem Herz einer Wölfin, gefangen zwischen Familie und Liebe.
Doch was erwartet sie am Ende ihres Weges – Rache oder Ehre?
Aufgewachsen als einziger Mensch in einem Rudel Wolfswandler, hat Marella nur ein Ziel: Eine würdige Kriegerin sein und ihre Stärke beweisen. Ihr Traum ist zum Greifen nah, doch als in einer verhängnisvollen Nacht ein Krieger mit Wolfsmaske ihr Rudel angreift, sieht sich Marella gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Mit Wyatt, ihrem besten Freund seit Kindertagen, an ihrer Seite, macht sie sich auf, um Rache an den Menschen zu nehmen und ihre Familie zu beschützen. Wyatt, der stets an ihrer Seite war und der plötzlich ungeahnte Gefühle in ihr weckt.
Doch je tiefer sie sich auf ihrer Reise in der Vergangenheit verlieren, desto schwerer fällt es Marella, die Menschen nur als Ungeheuer zu sehen. Und derweil lauert eine Bestie im Schatten, die alles zu vernichten droht, wofür ihr Kriegerherz schlägt …
(Quelle: Milena E. Rauch – Autorin)
Setting

Sie jagte durch den Wald, Wyatt war ihr dicht auf den Fersen.
„Fangs of Iron – Die rote Wölfin“ von Milena E. Rauch, Seite 13
Eine Welt, in der es neben Menschen auch Wolfswandler gibt, die jedoch zurückgezogen und für sich leben müssen, da sie von brutalen Menschen mit Wolfsmasken gejagt werden. Wolfswandler leben zwar den Großteil ihrer Zeit in der Wolfsgestalt, doch können sie sich auch in einen Menschen verwandeln.
Marella verlor in einer schlimmen Winternacht ihre Eltern, nachdem sie von Menschen verfolgt wurden, vor denen sie ihre Mutter scheinbar schützen wollte. Doch anstatt mit ihrer Mutter zu sterben, überlebte Marella. Die gerade einmal 4-Jährige wurde von einer Wolfswandlerin mitgenommen, die es nicht über sich brachte, das kleine Mädchen sich selbst zu überlassen. Stattdessen – und trotz viel Ablehnung aus dem Rudel – zog sie Marella wie ihre Tochter groß, auch wenn sie nur ein Mensch war.
„Wann bist du nur so groß geworden? Du bist zu einer Frau herangewachsen, die klug, stark und mutig ist. Ich könnte mir keine bessere Tochter als dich wünschen.“
„Fangs of Iron – Die rote Wölfin“ von Milena E. Rauch, Marellas Wolfsmutter zu Marella, Seite 24
14 Jahre nach dieser Winternacht setzt die eigentliche Handlung rund um die nun erwachsene Marella ein, die kurz vor der offiziellen Aufnahme in ihr Wolfsrudel steht. Als Mensch hatte sie es immer schwerer, doch sie entwickelte sich zu einer richtigen Wölfin: Mutig, klug, schnell und kampferprobt. Doch ausgerechnet dann wird ihr Rudel angegriffen und weckt nicht nur Erinnerungen, sondern auch ein viel brutaleres Gefühl: Rache.
„Du bist unheimlich mutig und stark. Du bist eine echte Wölfin, Floh.“
„Fangs of Iron – Die rote Wölfin“ von Milena E. Rauch, Wyatt zu Marella, Seite 16
Marella macht sich auf den Weg herauszufinden, was es mit den Männern mit Wolfsmasken auf sich hat und will auch endlich verstehen, was ihr vor Jahren selbst passiert ist. Gemeinsam mit ihrem (mittlerweile) besten Freund, dem Wolfswandler Wyatt macht sie sich auf den Weg in die Welt der Menschen.
Charaktere
Marella ist unsere Protagonistin und zum Handlungszeitpunkt 18 Jahre alt. Sie ist zwar ein Mensch, wurde aber wie eine Wölfin aufgezogen, nachdem ihre Wolfsmutter sie mit 4 Jahren aufgelesen hat. Während sie sich früher immer mit Wyatt anlegte, so sind sie über die Jahre unersetzlich füreinander geworden. Marella ist klug und mutig, stark und zielorientiert, aber auch ziemlich hitzköpfig und stur. Für Einsicht benötigt sie manchmal etwas mehr Zeit und man merkt, dass sie über die Jahre auch innerlich mehr Wölfin als Mensch wurde.
Floh. So nannte Wyatt sie, seit sie ihn vor vierzehn Jahren kennengelernt hatte.
„Fangs of Iron – Die rote Wölfin“ von Milena E. Rauch, Seite 14
Weil sie so klein und vor allem so lästig war wie die winzigen Tierchen, hatte er ihr feixend erklärt, als sie ihn einmal danach gefragt hatte.
Wyatt ist etwas älter als Marella und bereits angesehenes Teil des Rudels. Er ist der leibliche Sohn von Marellas Ziehmutter und mittlerweile ihr bester Freund. Anfangs konnte er Marella überhaupt nicht ausstehen und war eifersüchtig auf sie, was sich natürlich geändert hat. Er ist noch ungebunden – was für sein Alter im Rudel eher untypisch ist – und wohnt noch bei seiner Mutter und Marella. Er ist ebenfalls ziemlich stur und legt sich häufig mit Marella an, dennoch weiß er, wann er im Unrecht ist. Ihm fällt es vor allem zu Beginn unwahrscheinlich schwer in seiner Menschengestalt zu agieren, um mit Marella in die Stadt zu können. Es irritiert ihn, dass er plötzlich ungeübter als sie ist, dennoch gibt er stets sein Bestes. Er weiß um Marellas Fähigkeiten und feuert sie bei Kämpfen an, dennoch hat er immer ein wachsames Auge auf Marella.
Schreibstil

Milena E. Rauch hat einen tollen und absolut flüssigen Schreibstil, der Details und Atmosphäre angenehm und intensiv rüberbringt, aber nicht zu überladen wirkt.
Die Geschichte wird abwechseln aus Marellas und Wyatts Sicht erzählt, was uns auf den Großteil der Geschichte zwei Perspektiven bietet, aber auch die Gefühlsveränderung und Entwicklung beider Charaktere gut nachvollziehen lässt. Ein weitere Pluspunkt dabei ist, dass ein Teil der Handlung getrennt voneinander stattfindet, wir so aber alles gut im Blick haben und umfassendes Verständnis erhalten.
Die Ausgangslage von Marella, die als einziger Mensch in einem Wolfswandlerrudel selbst nach vielen Jahren noch mit der Akzeptanz anderer und Ausgrenzung sowie Skepsis zu kämpfen hat, wird sehr nahbar und einfühlsam erzählt. So erzählt man einen guten Einblick in Marellas Gefühlswelt und versteht viele ihrer Gedanken und späteren Entscheidungen.
Sie hatten einander abgrundtief gehasst. Wyatt war eifersüchtig gewesen, dass er seine Mutter plötzlich mit einem Wicht wie ihr teilen musste. Einem Wicht, der dünn und zerbrechlich war, der das Fleisch, das ihm vorgesetzt wurde, verschmähte und nicht einmal in die Nacht heulen konnte. […] Und doch hatten sie sich aneinander gewöhnt, einander lieben gelernt. Sie hatten gegeneinander gekämpft, zusammen gejagt, sich auf der Spitze des höchsten Berges angebrüllt und gemeinsam den Mond angeheult. Sie waren nicht nur eine Familie, sie waren beste Freunde. Hätten sie einander anfangs am liebsten umgebracht, würden sie jetzt für den anderen in den Tod gehen.
„Fangs of Iron – Die rote Wölfin“ von Milena E. Rauch, Seite 17
Ich muss definitiv das Talent von Milena E. Rauch betonen, die durchdachte und spannende Handlung mit ihrer eigenen Welt sowie die Charaktere samt ihrer Entwicklung in einen Einzelband packen zu können, ohne dass man das Gefühl hat, es fehle die Hälfte. Natürlich gab es einige Dinge, die vorhersehbar waren (teils natürlich schon durch die Inhaltsangabe), aber genauso gab es einige Wendungen, die ich so nicht sehen kommen habe.
Für alle, die ab und an eine innere Wölfin gebrauchen können
Widmung der Autorin in „Fangs of Iron – Die rote Wölfin“
Gestaltung
Ebenfalls bin ich optisch ziemlich begeistert von dem Buch. Das Cover erregt definitiv Aufmerksamkeit und was ich besonders liebe: Die (spätestens beim Lesen) erkennbare Verknüpfung zum Inhalt. Der Mond, die Wolfsmaske, die besonderen Dolche und der rote wehende Umhang – die Mischung sieht spannend aus und jedes der Motive hat auch einen Bezug zur Geschichte. Feine Details wie Blutspritzer rund um den roten Titel oder Spiele des Hintergrunds mit Schatten und Ornamenten runden die Optik für mich perfekt ab.

Auch innen ist das Buch übrigens ein kleiner Hingucker. Jeder Kapitelbeginn ist wunderbar gestaltet: Neben dem Namen der Person aus deren Sicht wir lesen, gibt es einen schönen Wolfskopf und auf der unteren Seite einen abgebildeten Wald. Ich liebe solche Details.
Mein Fazit
Dafür, dass ich eigentlich kaum bis gar kein Fan von Wolfswandlern und Werwölfen bin, hat mich dieses Buch nicht nur neugierig gemacht sondern auch noch absolut begeistert.
Wenn ihr auf die Mischung von düsterer Rotkäppchen-Adaption und Prinzessin Mononoke steht, dann könnte dieser Einzelband definitiv etwas für euch sein. Marella ist eine taffe und starke Protagonistin, die kämpferisch und selbstbewusst unterwegs ist und Wyatt ist als Wolfswandler und bester Freund eine perfekte Begleitung. Die Entwicklung der Beziehung der beiden von Ablehnung zu engster Freundschaft und gefundenen Familie hin zur romantischen Liebe ist quasi perfekt durchdacht und nachvollziehbar. Selbst Lesende, die nicht die größten Fans von Best Friends to Lovers sind, können hier bestimmt auf ihre Kosten kommen.
Auch die Handlung um Marellas Geschichte, die Menschen und die brutalen Morde in Verbindung mit einer Legende sind mehr als nur spannend und mit mehreren Wendungen gewesen. Marellas Ausgangslage ist emotional und einfühlsam erzählt. Das Ende kann manchem vielleicht abrupt erscheinen, doch auf gewisse Weise passt es ganz gut. Der einzige Punkt, der für mich einen minimalen Abzug gibt, ist Marellas häufige Hitzköpfigkeit, auch wenn ihre Gedanken gut nachvollziehbar sind. Für mich ein absolutes Monatshighlight!
⭐⭐⭐⭐💫
(4,5/5 Sterne)
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