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„Finsternis im Wunderland“ von Christina Henry – Rezension (Die Chroniken von Alice Band 01)

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Wer unserem Blog schon länger folgt, wird es bereits wissen, wer neu hier ist, wird es jetzt erfahren. Ich bin absolut verrückt nach Märchen und reiße jegliche Märchenadaption, die mir in die Hände fällt, an mich. Ganz vorne mit dabei sind Adaptionen von Lewis Carroll´s „Alice im Wunderland“.

Abgesehen von meiner Märchenliebe habe ich auch eine kleine Liebe für Gruselgeschichten und Horroradaptionen. Vielleicht kennt einer von euch die Alice inspirierten Horrorspiele „American McGee´s Alice“ und „Alice Madness Returns“ – ich habe sie geliebt und spiele sie auch regelmäßig immer wieder gerne. Den Hype um Christina Henry´s Horror-Märchenadaptionen im Englischen hatte ich schon vor Jahren im Auge, allerdings war zu diesen Zeiten mein Englisch nicht das allerbeste und ich hatte die Hoffnung, dass sie irgendwann bei anhaltendem Erfolg auch ins Deutsche übersetzt würden.

Und siehe da, vor fast drei Jahren war es endlich so weit. Ihr könnt euch meine Freudensprünge kaum vorstellen, aber pünktlich zum Erscheinungsdatum habe ich den ersten Band direkt eingesogen und meine Alice-Liebe wieder ausgelebt.

Vor einigen Wochen hatte ich wieder einmal riesige Lust auf düstere Märchengeschichten und meine mittlerweile angewachsene Christina Henry-Sammlung stand größtenteils ungelesen im Regal. Mein spontanes Ziel: möglichst viele davon lesen, um endlich wieder aktuell dabei zu sein. Und mit was hätte ich besser starten können, als mit einem Reread von meinem damaligen Highlight „Finsternis im Wunderland“?

Folge nicht dem Kaninchen … es sei denn, du wünscht dir noch mehr Tod und noch mehr Irrsinn.*
Alice 1 Finsternis im Wunderland von Christina Henry
Die Chroniken von Alice – Finsternis im Wunderland von Christina Henry
  • ISBN: 978-3-7645-3234-5
  • ET: 16.03.2020
  • Umfang: ca. 350 Seiten
Alice 2 Die Schwarze Koenigin von Christina Henry
Die Chroniken von Alice – Die Schwarze Königin von Christina Henry
  • ISBN: 978-3-7645-3235-2
  • ET: 31.08.2020
  • Umfang: ca. 336 Seiten
Die Chroniken von Alice 3 Cover
Die Chroniken von Alice – Dunkelheit im Spiegelland von Christina Henry
  • ISBN: 978-3-7645-3267-3
  • ET: 19.04.2021
  • Umfang: ca. 368 Seiten
  • Titel: „Die Chroniken von Alice“
  • Originaltitel: „The Chronicles of Alice“
  • Autorin: Christina Henry
  • Übersetzung: Sigrun Zühlke
  • Reihe: Zwei Hauptbücher (Dilogie) plus einen Zusatzband (Kurzgeschichten)
  • Verlag: Penhaligon Verlag (Verlagsgruppe Random House)
  • Einband: Hardcover/Gebunden

Seit zehn Jahren ist Alice in einem düsteren Hospital gefangen. Alle halten sie für verrückt, während sie selbst sich an nichts erinnert. Weder, warum sie sich an diesem grausamen Ort befindet, noch, warum sie jede Nacht Albträume von einem Mann mit Kaninchenohren quälen. Als ein Feuer im Hospital ausbricht, gelingt Alice endlich die Flucht. An ihrer Seite ist ihr einziger Freund: Hatcher, der geisteskranke Axtmörder aus der Nachbarzelle. Doch nicht nur Alice und Hatcher sind frei. Ein dunkles Wesen, das in den Tiefen des Irrenhauses eingesperrt war, ist ebenfalls entkommen und jagt die beiden. Erst wenn Alice dieses Ungeheuer besiegt, wird sie die Wahrheit über sich herausfinden – und was das weiße Kaninchen ihr angetan hat …

(Quelle: Penguin Random House – Penhaligon Verlag)

Geschichte & Romanwelt

Wir sind hier in einer unglaublich düsteren und brutalen Welt, die bis auf die Charaktere und Grundstrukturen nichts mit der bunten Wunderland-Welt des Originals gemein hat. Wir sind in einer Stadt, die in die wundervolle und ordentliche Neue Stadt für wohlsituierte und privilegierte Menschen und die dreckige und heruntergekommene Alte Stadt für Verbrecher und arme Leute geteilt ist. Die Neue Stadt liegt als Kern von einer Mauer umgeben in der Stadt, geschützt vor dem Schmutz der Alten Welt.

Alice wuchs als privilegiertes Mädchen in einer reichen Familie auf, die sie liebte und doch fühlte sich Alice in ihrer Neugier und Freiheit eingeschränkt. Als sie als Teenagerin mit ihrer besten Freundin aus unstillbarer Neugier einen Ausflug in die Alte Stadt unternimmt, ändert sich ihr Leben, denn Alice wird nie wieder in die Neue Stadt zurückkehren.

Zehn Jahre sind seitdem vergangen und seit zehn Jahren sitzt die mittlerweile erwachsene Alice eingesperrt in einem Irrenhaus der Alten Stadt. Niemand glaubte ihr die Geschichte des mörderischen Kaninchens, als sie damals blutüberströmt und halb tot gefunden wurde und voller Drogen und Beruhigungsmittel verschwimmt die Zeit in ihrem Wahnsinn. Der einzige Kontakt außer zu den brutalen Wachmännern und Ärzten ist der zu Hatcher, ihrem Zellennachbarn, der ein wahnsinniger und verrückter Axtmörder ist.

Zehn Jahre nach dem Albtraum wird der Jabberwock wach, ein Monster dürstend nach Blut und Tod. Als das Irrenhaus in Flammen aufgeht, verdankt Alice Hatcher ihr Leben, denn er rettete Alice mit aller Kraft aus ihrer Zelle und floh mit ihr in die Alte Stadt. Doch statt Freiheit erwartet sie eine unvermeidliche Zukunft mit dem düsteren Wesen, die gleichzeitig ihre einzige Chance auf die wahren Erinnerungen an ihre Vergangenheit sein wird.

Charaktere

Alice war süße sechzehn Jahre als das Grauen sie fand und ist mittlerweile 26. Früher ein schönes Mädchen mit langer blonder Mähne, einem engelsgleichen Gesicht und strotzend vor Vitalität und Neugier, jetzt ist sie nur noch ein Schatten ihrer selbst, gefangen in Erinnerungen und Albträumen. Sie ist nur Haut und Knochen, hochgewachsen und muss ihr Haar dank fehlender Hygiene sehr kurz abschneiden, sodass sie mehr wie ein mädchenhafter Knabe aussieht, als die junge Frau, die sie eigentlich ist. Durch die schlecht verheilte Narbe, die quer durch ihr Gesicht verläuft, ist sie zudem für immer gekennzeichnet von dem Grauen damals. Sowohl innerlich als auch äußerlich hat Alice kaum noch etwas zu tun mit der jungen Alice aus der Neuen Stadt.

„Ihre Hand berührte unwillkürlich ihre linke Wange und befühlte die lange, wulstige Narbe, die vom Haaransatz am Wangenknochen entlang bis zu ihrer Oberlippe verlief.“

– Zitat aus Kapitel 1, S. 8

Alice steckt immer wieder im Zwiespalt, kämpft oft mit der Veränderung und dem Chaos in sich selbst. Sie ist keine strahlende Heldin oder eine junge Frau, die nach schlimmsten Ereignissen strotzend vor Kraft allem den Kampf ansagt. Sie ist eine junge Frau, die Schlimmes erlebt und überlebt hat. Und es kostete sie unfassbar viel Kraft. Sie ist müde und es ist anstrengend immer für alles kämpfen zu müssen, vor allem gegen das Schicksal und sich selbst. Während dem Lesen musste ich regelmäßig vor Alice als Frau und auch vor Christina Henry als Autorin den Hut ziehen.

Eine Eigenschaft, die mich an Alice fast am meisten beeindruckt hat, war ihre Einstellung zu Lüge und Wahrheit. Denn nach den grausamen Jahren und dem lauernden Wahnsinn, gibt es für Alice nichts wichtigeres als die Wahrheit – egal, wie grausam, schmerzhaft oder brutal sie ist. Denn die Wahrheit ist das einzige, an dem Alice sich orientierten und festhalten kann.

Hatcher ist zehn Jahre älter als Alice und schon um einige Jahre länger als sie in der Anstalt. Er ist groß und trainiert, denn er achtet trotz dem Arrest auf seine Fitness, weil er immer überzeugt war, irgendwann heraus zu kommen. Hatch hat graue Augen, eine raue Stimme und meistens einen Bart. Man merkt Hatcher seinen Wahnsinn nicht nur im Verhalten an, sondern seine Mimik und seine Augen sind ein Spiegel dessen nach außen.

„Sie haben mich mit einer blutigen Axt in der Hand gefunden, und fünf Leute lagen tot um mich herum, alle in Stücke gehackt. Ich hab versucht, dasselbe mit der Polizei zu machen, als sie mich holen wollten, also muss ich diese Leute wohl umgebracht haben.“

– Zitat von Hatcher aus Kapitel 1, S. 13

Wie man bereits im Klappentext erfährt, ist Hatcher die Verkörperung unseres verrückten Hutmachers, allerdings ist er hier nicht „nur“ verrückt, sondern ein brutaler und irrer Axtmörder. Er sieht Blut und Brutalität überall und jederzeit, vorsichtig sollte man besonders dann sein, wenn Hatcher sich aufregt – denn dann kommt der absolut talentierte und unaufhaltbare Axtmörder hervor.

So irre wie Hatcher manchmal ist und so sehr er einem auch als Leser Angst einjagt, so beeindruckend ist sein Charakter auch. Der Großteil seiner Gedanken hat so gut wie nichts Positives, außer sein verankerter Beschützerinstinkt gegenüber Alice, sowie seine Grundeinstellung zum Leben. Hatcher hatte von Kindesbeinen an bereits ein echt bescheidenes Leben und es ist kein Wunder, dass Hatch dem Wahnsinn verfällt.

„Ich kenne nur eine Richtung Alice. Vorwärts. Ich weiß nicht, wie ich umkehren sollte, zurückgehen, noch mal von vorn anfangen. Ich weiß nicht mal, ob wir das überhaupt könnten. Unsere Vergangenheit war eine Gummizelle und Drogen. Hier draußen sind wir wenigstens frei.“

– Zitat von Hatcher aus Kapitel 10, S. 177

Grinser ist – wie der Name schon verlauten lässt – unsere Interpretation von der Grinsekatze. Christina Henry hat seinen Charakter wirklich gut getroffen, denn Grinser hat alles im Blick, wirkt oft genug doppeldeutig, er begegnet Alice natürlich immer wieder und sein Grinsen bekommen wir auch immer wieder zu sehen. Sein Aussehen ist definitiv besonders, aber in „Menschenform“ für mich wirklich passend.

„Sein Scheitel hätte Alice kaum an den Ellbogen gereicht. Sein Kopf war über und über mit goldbraunen, sorgfältig eingedrehten Löckchen bedeckt. Seine Augen leuchteten grün und neugierig, und er trug einen Samtanzug in Rosenrot, […]“

– Zitat aus Kapitel 7, S. 126

Das Walross ist einer der sogenannten Bosse in der Alten Stadt und auf dem aufstrebenden Ast, wenn man so sagen will. Er verleibt sich ein Gebiet nach dem anderen ein und ist von jedem gefürchtet, denn egal wer ihm in die Quere kommt, es überlebt keiner. Das Walross ist für mich tatsächlich der Charakter gewesen, der für mich am heftigsten und die Inkarnation des puren Grauens war.

„Er ist riesengroß, heißt es, größer als vier Männer zusammen. Und wenn ihm ein Mädchen gefällt, dann lässt er es von seinen Männern zu sich bringen, und man sieht sie nie wieder. Weil er sie nimmt und auffrisst, während er es mit ihnen treibt. Er frisst sie bei lebendigem Leib.“

– Zitat aus Kapitel 6, S. 102

Natürlich finden wir auch andere Charaktere aus „Alice im Wunderland“ wieder. Wir begegnen auch der Raupe und dem Zimmermann und einer der wichtigsten Charaktere ist natürlich das Kaninchen. Doch da das Kaninchen unser größter Widersacher ist und wir im Verlauf des Buches auf der Suche nach Alice Erinnerungen sind, möchte ich hier vorab keine weiteren Infos dazu verlauten lassen. Ich kann euch aber versichern, dass jeder der Charaktere deutliche Parallelen zum Original aufweist.

Schreibstil & Optik

Das Buch ist mit gerade einmal 18 Kapitel ganz ordentlich unterteilt, manche davon kürzer und manche dafür länger. Die Aufteilung ergab für mich während des Lesens Sinn, sodass ein Beiseitelegen oder Pausieren problemlos funktionierte und man nicht mitten in einem Kapitel aufhören musste.

„Alice träumte von Blut. Blut auf ihren Händen und unter ihren Füßen, Blut in ihrem Mund und Blut, das aus ihren Augen strömte. Der ganze Raum war voll damit.“

– Zitat Kapitel 1, S. 20

Für mich hat Christina Henry hier ein Meisterwerk an spürbarer Atmosphäre hingelegt. Ich hatte durchweg – und zwar von der ersten bis zur letzten Seite – das düstere Gefühl, die angsterfüllte Umgebung spürbar und bildlich vor mir. Henry nimmt auch keine große Rücksicht auf zart besaitete LeserInnen, sondern zeigt einen Roman, der vor Brutalität, Grausamkeit und Gewalt nur so strotzt.

„Es war schlicht und einfach Gemetzel. Sie waren in einer Art Vorratsraum herausgekommen, und wo sie auch hinsahen, lagen und hingen die Körper von Mädchen. […] Ihre Gesichter waren zerfressen, unregelmäßig zerrissene Stücke Haut dort, wo die Zähne des Walrosses nicht zugepackt hatten.“

– Zitat aus Kapitel 14, S. 257

Von der Optik bin ich persönlich schwer begeistert. Schicke Hardcover, aber in einem etwas kleineren Format, sodass das Buch sehr angenehm zu halten ist und auch problemlos in jede Tasche reinpasst 😉

Es gibt hier keinen Papierumschlag, sondern das Hardcover wurde direkt bedruckt. Das Farbschema ist vor allem beige und schwarz, wodurch das blutrot perfekt als Highlight und Eyecatcher agiert. Der vorne abgebildete Schemen eines Kaninchens mit Uhr ist aus schwarzem Spotlack und gibt dem ganzen noch eine edlere Note. Ein schickes Extra dabei ist der leicht verzierte Buchschnitt, auf dem Kaninchenspuren verlaufen. Auch die Endpaper sind mit Kaninchenspuren versäht, sowie einem genialen Spruch passend zum Buch, dessen erster Teil vorne mit drin steht, während der letzte Satzteil hinten vorzufinden ist. Ganz nach dem Motto – traust du dich?

Mein Fazit

* Zitat aus der Umschlagsinnenseite des Buches

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